0
70

Wetten und Glücksspiel im Islam

Wetten. In deutschen Spielhallen und Wettbüros trifft man vor allem junge Männer, viele von ihnen sind Muslime. Dabei ist Glücksspiel im Islam eigentlich verboten. Trotzdem betreibt auch die Türkei eine staatliche Lotterie, und in Saudi-Arabien wird bei Kamelrennen gewettet. Wie passt das zusammen?

Von Hüseyin Topel

„Ich habe mein Leben ruiniert. Heute lebe ich in Armut, und ich fühle mich jeden Tag schlecht. Wenn man so viel bereut, kann man auch nicht mehr glücklich werden. Ich habe früher regelmäßig die Kontrolle verloren, wenn wir in türkischen Cafés Karten in der Männerrunde gespielt haben oder ich wieder mit meinem letzten Geld an einem Automaten stand. Die Münzen sind eine nach der anderen verschwunden. Es ist mir dann eiskalt den Rücken runter gelaufen, als ich nichts mehr zum Spielen hatte. Erst dann habe ich mich an meine Verantwortungen erinnert. An meine Frau und Kinder. Man schämt sich und will im Erdboden versinken.“

Geldprobleme wegen Wetten

Dieser Mann möchte im Radio lieber unerkannt bleiben. Er ist Muslim – viele vor allem junge muslimische Männer in Deutschland wetten gerne oder spielen andere Glücksspiele. Das zeigen Studien, und das bestätigt auch Mathias Rohe, Islamwissenschaftler und Jurist an der Universität Erlangen-Nürnberg:

„Ich weiß selbst aus meiner Feldforschung, dass nicht wenige Familienkonflikte daraus resultieren, dass die Ehemänner, dass die Väter zocken. Und zwar so richtig um große Summen – entsprechend die Familie in Schwierigkeiten gerät. Vernachlässigung, Geldschwierigkeiten und ähnliches mehr.“

Glücksspiel ist ‚haram‘

Doch was sagt der Islam zu Glücksspiel und Wetten? Für Serap Güler, Muslimin und in Nordrhein-Westfalen Staatssekretärin für Integration, ist das mit dem Islam nicht vereinbar:

„Glücksspiele oder Wetten müssen – so wie ich ihn verstehe – verboten sein nach dem Islam, weil da wieder das große Thema ‚haram‘ aufkommt. Wie bin ich an dieses Geld gekommen? Habe ich jemandem wehgetan? Das habe ich sehr wahrscheinlich, da hat irgendjemand dieses Geld verloren. Also ist es nach meinem Verständnis ein unter schlechten Umständen verdientes Geld.“

Glücksspiel ist „haram“, also religiös verboten. Das bestätigt auch Mathias Rohe, Experte für islamisches Recht:

„Da gibt es eine sehr eindeutige Meinung. Das wird abgelehnt. Dazu gibt es auch eine eigenartige Aussage im Koran. Maysir- das Spiel, ist verboten. Also deutliche Ablehnung des Ganzen, was offenbar eine nennenswerte Anzahl an Muslimen nicht daran hindert, sich dennoch daran zu beteiligen.“

„Zeitverschwendung“

Eine entsprechende Stelle im Koran ist Sure 2, Vers 219:

„Man fragt dich nach dem Wein und dem Losspiel. Sag: In ihnen liegt eine schwere Sünde. Und dabei sind sie für die Menschen (auch manchmal) von Nutzen. Die Sünde, die in ihnen liegt, ist aber größer als ihr Nutzen.“

Trotzdem werden zahlreiche Sportwettbüros oder Casinos in Deutschland von muslimischen Männern betrieben. Die Integrationsexpertin und Muslimin Serap Güler hat dazu eine klare Meinung:

„Ich glaube nicht, dass das islamisch legitim ist, dass Muslime diese Wettbüros führen, betreiben oder noch schlimmer oder genauso schlimm, ihre Zeit dort verschwenden.“

Glücksspiel in islamischen Ländern

Trotzdem gibt es auch in islamischen Ländern Wetten und Glücksspiele. Manche arabische Staaten wie Katar und Saudi-Arabien erlauben zwar keine Casinos, dafür wird dort bei Kamelrennen mit Geld gewettet. In der Türkei betreibt der Staat eine eigene Lotterie, Millionen Muslime machen mit. Der Präsident der staatlichen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, hält trotzdem nichts von der Lotterie, wie er im türkischen Fernsehen erklärte:

„An diesem Beispiel sieht man, dass etwas gesetzlich legal sein kann, aber zugleich auch religiös verboten.“

Wenn Wetten und Glücksspiel im Islam also sehr eindeutig verboten sind – warum beteiligen sich dann trotzdem so viele Muslime daran? Weil sie eben auch nur Menschen sind, meint der Islamwissenschaftler Mathias Rohe:

„Auch Muslime sind halt nicht nur Muslime. Erstens sind sie unterschiedlich fromm. Unterschiedlich bereit, die Regeln einzuhalten. Und sie lassen sich von vielen anderen Dingen auch noch leiten, als nur von ihrer Religion.“

Den Islam leben, Teil 5 im Deutschlandfunk