Türkischer Nationaltrainer Fatih Terim
Magere zwei Punkte aus den ersten drei Qualifikationsspielen für die Weltmeisterschaft 2018. Die Türkei und Trainer Fatih Terim drohen die WM in Russland zu verpassen. Am Nationaltrainer wird dennoch nicht gerüttelt – schließlich hat der hervorragende Kontakte im Verband und in der Politik.
Bemerkbar macht sich dies insbesondere auf Pressekonferenzen. Zuletzt nahm Terim gegenüber Journalisten nach der Niederlage gegen Island kein Blatt vor den Mund. Er verärgert sogar regierungsnahe Journalisten, die traditionell auf seiner Seite stehen. Einer beschwert sich während einer Live Sendung über ihn: „Wo leben wir denn hier? Leben wir in Nordkorea? Wer ist dieser Mann? Man kann ihm nicht mal eine Frage stellen. So eine Pressekonferenz kann es nicht geben. Fatih Terim hat eine schreckliche Hegemonie innerhalb der türkischen Medien aufgebaut. Die Kollegen hätten ihm ja fast zur Niederlage gratuliert.”
Der türkische Staatspräsident Erdogan machte in 2014 dem Imperator eine große Geste, indem er das neue Stadion des Istanbuler Clubs Basaksehir nach Fatih Terim benannte. Kritiker sehen in dieser Geste, wie Erdogan Terims Loyalität belohnt. Terim bedankte sich hingegen bei der Einweihung persönlich: „Ich bedanke mich bei Herrn Erdogan, weil er mir gegenüber nie seine aufrichtige Freundschaft versteckt hat.“
Seit 1993 zum dritten Mal Nationaltrainer
Gegenüber den Medien und Fußballautoritäten nahm Erdogan Terim stets in Schutz. Zuletzt auch nach dessen schlechten Leistungen. Bei Terims Konflikt mit FC Barcelona Star Arda Turan, infolgedessen der Spieler aus dem Nationalkader gestrichen wurde, bat Erdogan Terim persönlich seine Entscheidung nochmal zu überdenken und prompt steht Arda Turan wieder im Aufgebot der Türkei. Und auch wenn Terim sicher im Sessel zu sitzen scheint, Experte Cöl ist davon überzeugt, dass sich das gerade ändert: „Die aktuelle Lage ist, dass das türkische Volk nicht mehr gewillt ist, dieses Imperator-Gehabe zu akzeptieren. Sowohl die Reporter, als auch die Fans begehren auf und das ist etwas, damit kommt ein autoritärer Mann wie Fatih Terim nicht klar.”
Die autoritären Züge, brachten ihm den Titel Imperator ein. 1993 wurde Terim überraschend als Nachfolger von Sepp Piontek als Trainer der türkischen A-Nationalmannschaft berufen und qualifizierte sich für die EM 96 in England. Von dort aus ging er zu Galatasaray Istanbul, holte vier Mal hintereinander die Meisterschaft und im Jahre 2000 sogar sensationell den UEFA-Pokal. Auch so verdiente sich Terim den Titel des „Imperators”.
Als erster türkischer Trainer trainierte Terim im Anschluss einen europäischen Topclub. Doch beim AC Mailand erwies er sich als Flop, der der ganz großen Bühne nicht gewachsen war. Mittelfeldstratege Andrea Pirlo, schreibt in seinem Buch „Ich denke, also spiele ich” über seine Zeit im Kader bei Fatih Terim: „Fatih war ein sehr bemerkenswerter Typ, der gegen Regeln sehr allergisch zu sein schien. […] Beispielsweise kam er zum Mittagsessen oft verspätet an, wenn er das so wollte. Bei Aktivitäten, in denen er den AC Mailand offiziell vertreten musste, konnte er auch mal ohne Krawatte erscheinen und haute dann ohne jemandem Bescheid zu sagen früher ab, um Zuhause türkisches „Big Brother” zu gucken.”
Der Gegenwind wird stärker
Seit 2013 betreut Terim zum insgesamt dritten Mal die türkische Nationalmannschaft. Die aktuelle Entwicklung haben Experten wie Cöl schon länger beobachtet: „Man darf auch nicht vergessen, die türkische Nationalmannschaft spielt ja jetzt schon länger schlecht. Es ist so, dass sie Glück hat an manchen Punkten, dass sie eine Wendung schaffen kann, die zwar positiv aussieht, die aber nicht positiv ist.“
Bei der EM 2008 noch gelang diese Wendung. Mit einer Reihe von „Last-Minute-Siegen“ in der letzten Minute reichte es für die Mannschaft bis in die Vorschlussrunde: „Wenn die jetzt in der EM 2008 bis ins Halbfinale gekommen sind, dann muss man offen sagen, die hatten nur Glück. Ein Spiel wird in 90 Minuten entschieden und wenn eine Mannschaft das in der letzten Minute durch ein Tor schafft, dann hatte sie Glück.“
Ein Last-Minute-Tor brachte auch die Qualifikation für die EM in Frankreich, dort aber war in der Gruppenphase Schluss. Noch während des Turniers zerstritt sich Terim mit einigen seiner Spieler. Ob jetzt in der WM-Qualifikation noch einmal die Wende geschafft werden kann ist äußerst fraglich. Trotz des Rückhalts in der türkischen Elite wird der Gegenwind für Terim stärker.
Erschienen im:Deutschlandfunk
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