Erschienen im:Deutschlandfunk
Ramadan plus – Die eher unbekannte Seite der Fastenzeit
Weltweit beginnt in diesem Jahr am 6. Juni der Monat Ramadan. Für 30 Tage ändert sich dann für Muslime der sonst übliche Rhythmus des Lebens. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dürfen sie zum Beispiel nicht essen, nicht trinken, nicht rauchen und keine sexuellen Kontakte haben. Das ist die bekannte Seite des Ramadan. Doch es gibt auch weniger bekannte Besonderheiten.
„Der Prophet sagt in einem authentischen Hadith, in einem authentischen Zitat, dass der Monat Recep sein Monat sei, dass der Monat Schaban Allahs Monat sei und dass der Monat Ramadan der Monat der Muslime sei. Und nicht nur damit ist es reichlich, sondern der Monat Ramadan ist auch der König der restlichen 11 Monate.“
So der Imam Abdulkadir Çakar. Im Islam gibt es drei aufeinanderfolgende heilige Monate, die beiden Monate Recep und Schaban gelten dabei als spirituelle Vorbereitungszeit auf den Ramadan. Im Fastenmonat selbst verändert sich dann das alltägliche Leben der Muslime grundlegend. Der Journalist Abdul Ahmad Rashid ist selbst praktizierender Muslim und erklärt, wie sich für ihn in dieser Zeit alles auf den Höhepunkt des Tages hin konzentriert.
„Der Alltag bekommt einen ganz anderen Rhythmus, sehr darauf ausgerichtet, eben auf das Fastenbrechen am Abend. Man schränkt sich auch mit anderen Aktivitäten ein. Mit weltlichen Aktivitäten; denn es geht ja darum, auch in diesem spirituellen Monat Gott näher zu kommen. Man ist mehr mit Religion beschäftigt, man liest mehr Koran, man betet, man geht abends in die Moschee zum Teravih-Gebet, also zu dem traditionellen Gebet, was nur im Ramadan vollzogen wird.“
„Terminologisch bedeutet Teravih Erleichterung. Dieses Teravih-Gebet soll in erster Linie körperlich dazu dienen, dass das Essen im Magen verdaut wird. Des Weiteren gibt es noch mit dem Teravih-Gebet, dass man die spirituelle Seite zu Gott, zu Allah öffnet.“
Wann von der Pflicht des Fastens befreit?
Aber im Ramadan müssen sich nicht alle Muslime an die Fastengebote halten. Es gibt auch Sonderregelungen und sogar Fastenverbote. Kranke und alte Menschen und alle, die unter körperlich harten Bedingungen arbeiten müssen, sind von der islamischen Pflicht des Fastens befreit. Auch Nagihan Aktürk gehört in diesem Jahr zu denen, die nicht fasten müssen.
„Vor zwei Monaten bin ich Mama geworden und weil ich voll stille, werde ich dieses Jahr im Ramadan leider nicht mitfasten können, weil ich genug Vitamine brauche für mein Kind. Vor allem auch viel trinken muss.“
Obwohl die junge Mutter es begrüßt, dass sie sich nicht am Fasten beteiligen muss, will sie doch auf ihre Weise, soweit es ihr möglich ist, am Ramadan teilhaben.
„Jedoch werde ich natürlich mit meinem Mann nachts aufstehen, mit ihm zusammen frühstücken, weil ich einfach diese Stimmung im Haus haben möchte. Das macht uns natürlich auch immer Spaß. Ich will ihn auch nicht alleine lassen. Und abends werde ich natürlich auch mit ihm zusammen Fastenbrechen – in Anführungszeichen.“
Fastenbrechen in modernen Zeiten
Zu denen, die vom Fasten befreit sind, gehören auch diejenigen, die in dieser Zeit reisen müssen. Zu ihnen gehört auch Abdul-Ahmad Rashid:
„Also, wenn ich faste, hat das keine Auswirkungen auf meinen beruflichen Alltag als Journalist. Ich faste und mache so meinen beruflichen Alltag wie auch sonst immer. Ich könnte natürlich, wenn ich auf Dienstreisen bin, zum Beispiel nach Berlin fliege, oder nach München, mit dem Fasten aussetzen und es dann später nachholen, aber das möchte ich nicht. Weil Reisen war damals, zu Zeiten des Propheten Mohammed, etwas anderes als heute. Heute setzen wir uns in den Flieger – und in einer Stunde sind wir dann in Berlin. Das kann man auch durchhalten.“
Komplizierter wird es zum Beispiel, wenn man sich auf einem längerem Flug oder einer längeren Fahrt mit dem Zug befindet und dann abends zur Zeit des Fastenbrechens nicht zu Hause oder in der Moschee sein kann.
„Das ist schade, dass man es dann auf dem Weg machen muss, aber das ist auch ok. Dann holt man sich was zu Essen. Es geht ja darum, nur etwas zu sich zu nehmen, um das Fasten zu brechen.“
Die Zeiten ändern sich und manch ein Muslim amüsiert sich über die Vorstellung, vor Sonnenuntergang in ein Flugzeug zu steigen und so lange um die Welt zu fliegen, dass man dem Sonnenuntergang schließlich den ganzen Tag lang entkommt. Eine ähnliche Erfahrung hat auch Abdul-Ahmad Rashid gemacht.
„Da war ich im Flieger von Hamburg nach Frankfurt, und da war Sonnenuntergang. Weil man im Flieger war, konnte man die Sonne die ganze Zeit sehen, auch wenn auf dem Boden schon die Sonne untergegangen war und im Flieger nicht. Das war schwierig den Punkt zu finden, wo man Iftar machen konnte, also das Fasten brechen konnte.“
Den Koran von A bis Z lesen
Auch das heilige Buch der Muslime, der Koran, bekommt in Ramadan einen besonderen Stellenwert. Viele Muslime versuchen deshalb während des Ramadan, den Koran einmal ganz durchzulesen. Das ist eine alte Tradition, die bis heute in Moscheen gepflegt wird. Dazu Imam Abdulkadir Çakar:
„Die Muslime treffen sich bei einer Muqabele in der Moschee, in der Gemeinde, zum Korantreff, zum Koran rezitieren. Vorne setzt sich der Imam hin und alle anderen öffnen den Koran und lesen mit. Genau wie Erzengel Gabriel und der Prophet damals es auch getan haben.“
Während das spezielle Teravih-Gebet und die Korantreffs auf Freiwilligkeit basieren, gibt es im Ramadan neben der Pflicht zu fasten auch die Pflicht zu spenden.
„Die vierte Säule des Islam lautet ‚Sozialabgaben‘. Einmal im Jahr haben die Muslime die Gelegenheit, anderen, die es finanziell nicht besser haben, zu helfen.“
Bei dem religiösen Gebot der Sozialabgaben sind zwei unterschiedliche Formen zu unterscheiden. Einmal geht es um die sogenannte Fitre-Spende, bei der man bedürftigen Muslimen im Ramadan das Essen bezahlt. Diese Art der Spende ist freiwillig. Und dann gibt es aber auch die Zekat-Spende. Die allerdings ist eine Pflichtabgabe.
„Die Zekat ist, dass jeder Muslim, der in einem Jahr sein Vermögen anspart, von seinem Vermögen 2,5 % abgibt.“
Diese Spende wird als eine Art Reinigung des Vermögens bewertet.
Die „Nacht der Bestimmung“
Nach der Überlieferung wurde Mohammed im Monat Ramadan zum ersten Mal durch den Erzengel Gabriel ein Teil des Korans überliefert.
„… im Koran können wir in der Sure el-Kadr nachlesen, dass genau in dieser Nacht der Koran herabgesandt wurde. Und Allah fragt den Propheten: O Prophet, weißt du auch wirklich was diese Nacht ist? Nicht nur der Koran wurde herabgesandt, sondern auch die Engel und der Heilige Geist. Diese Nacht ist heiliger als tausend.“
Diese Nacht, an dem der Koran auf die Welt kam, ist vielen Muslimen besonders wichtig. Dabei ist jedes Jahr unklar, wann genau diese Nacht zu datieren ist.
„Leylet´ül Kadr, die Nacht der Bestimmung. In den Kalendern ist es datiert, dass sich die Nacht der Kadr in der 27. Nacht befindet. Die Gelehrten sind sich jedoch einig, dass sie sich nicht einig sind, in welcher Nacht sich explizit die Kadr Nacht befindet. Deshalb sollte sich jeder Muslim darauf so vorbereiten, dass jede Nacht in den letzten zehn Tagen des Ramadan die Nacht des Kadr sein könnte.“
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